Wochenbett - Zwischen Kuscheln und Tränen

Aus einer Plaudergruppe auf Facebook waren viele liebe Mamis bereit, ihre Wochenbetterfahrung, die Stolpersteine und Tipps zu teilen. Mit dieser Unterstützung ist dieser Blog entstanden. :)

”Die Hormone stehen Kopf, der Körper heilt Geburtswunden und produziert Milch - und dann ist da noch ein Baby, das fast rund um die Uhr Hingabe erfordert." (Stefanie Nickel, “wireltern", Mai-Ausgabe)

Die Wochenbettzeit ist eine der verändertsten, intensivsten und auch emotionalsten Zeiten überhaupt. Direkt nach der Geburt befindet sich die Neu-Mama meist im hormonellen Hoch und wird von Glücksgefühlen nur so überschwemmt. Die Strapazen der Geburt liegen in der Vergangenheit und man hat sein Baby, worauf man so lange gewartet hat, endlich in den Armen. Danach kommen aber meist auch einige Tiefs und nicht immer ist alles rosig und wunderschön, wie oft beschrieben. Rund 50% aller frischgebackenen Mams erleben einen Babyblues, meist 2-3 Tage nach der Geburt. Häufig dann, wenn auch die Milch einsetzt. “Die Stolpersteine im Wochenbett waren vor allem die Hormone. Die Heultage waren sehr anstrengend”, sagt Patricia F. als zweifach-Mami. Das liegt aber nicht nur an den Hormonen, sondern auch an den vielen Veränderungen, die im Wochenbett stattfinden.
 
Die Veränderung - körperlich sowie auch emotional - ist komplex. Diese frühe Entwicklung besteht aus 3 Phasen:

  1. Die Frau erholt sich körperlich von der Geburt, die schwangerschafts- und geburtsbedingten Veränderungen bilden sich langsam zurück. Dies ist spürbar durch die Nachwehen und sichtbar durch den Wochenfluss.
  2. Die Beziehung von Mama und Baby entsteht. Die junge Mama lernt die Zeichen vom Baby zu deuten und darauf zu reagieren.
  3. Die Frau wird zur Mutter, aus dem Paar werden Eltern. Und somit entsteht eine Familie.

Diese Phasen können von wenigen Wochen bis hin zu Monaten dauern. Es braucht viel Zeit und Geduld, sich in der neuen Rolle zu finden. “Viel Ruhe und Zeit”, empfiehlt Sandra. Und Désirée B. ergänzt: “Stundenlanges Kuscheln im Bett ist normal im Wochenbett. Es dient zur Erholung und zum Aufbau der Bindung mit dem Kind.” Sie ist Mama eines Sohnes.

Doch wie soll das gehen, wenn der Mutterschaftsurlaub nach 14 Wochen vorbei ist, der Vaterschaftsurlaub sogar bereits nach 2 Wochen. Obwohl wir ja natürlich dankbar sind, dass es nun immerhin 2 Wochen sind.
Das führt dazu, dass sich Frauen kaum auf das Wochenbett einlassen können und die Fragen in den Vordergrund kommen, die in dieser wertvollen Zeit nicht wichtig sein sollten. Wie organisiere ich die Betreuung, wenn ich wieder arbeiten gehe(n muss)? Wie werde ich schnellstmöglich wieder fit? Gibt es eine Möglichkeit auf unbezahlten Urlaub? Wenn ja, ist dieser überhaupt finanzierbar?

Vor allem beim ersten Kind ist die Umstellung enorm und die Geburt bedeutet oft eine Vollbremsung. "Wir waren beim ersten Kind komplett überfordert. Wir wussten nicht, dass es so anstrengend wird", erinnert sich Dominique E. Sie ist mittlerweile Mama von zwei Kindern. Ein neues Leben, ein neuer Alltag, andere Prioritäten und ein neuer Fokus. Von 0 auf 100 ist ein kleiner Mensch 24h im Vordergrund und man ist den ganzen Tag gefordert. Als Mama, sowie auch als Papa.

Deshalb ist das Ziel: Das Wochenbett mehr in den Fokus rücken!
Und hierbei spielt die Hebammenarbeit eine grosse, unterstützende Rolle. Die Hebamme darf bis zum 56. Wochenbetttag 16 bzw. 10 Besuche zuhause bei der Familie wahrnehmen.

  • 16 Besuche beim ersten Kind oder bei einem Kaiserschnitt.
  • 10 Besuche beim zweiten Kind.
Gibt es Komplikationen, respektive sind mehr Besuche notwendig, kann durch die Gynäkologin ein Rezept mit Anspruch auf mehr Besuche ausgestellt werden. Diese Besuche fallen nicht zu Lasten der Familie sondern werden aus der Grundversicherung übernommen und direkt von der Hebamme über die Krankenkasse abgerechnet.

Die Hebamme kümmerst sich um die Gesundheit der Mama, des Babys, unterstützt das Stillen, kontrolliert die Gewichtszunahme, gibt emotionale Unterstützung, zeigt z.B. die Bindetechnik eines Tragetuchs, zeigt erste Übungen für die Rückbildung etc..
”Ich hatte eine wundervolle Wochenbetthebamme zuhause, die mir sehr viel Mut zugesprochen hat - ohne Druck und Stress”, erzählt Carmen N.

Es ist aber trotzdem wichtig, dass die Familie nahestehende Menschen um sich hat, die zusätzlich Unterstützung bieten können. Dies Überforderung kann ebenfalls einen der Stolpersteine sein. Auch Dominique E. hat “die mangelnde Hilfe seitens Freunde und Familie” als schwierig empfunden. Sei es, um zu kochen, den Haushalt zu machen, die älteren Geschwister zu versorgen, sodass die Mama sich vollumfänglich um das Baby kümmern kann. Die Rolle des Papas darf selbstverständlich auch nicht unterschätzt werden, dieser muss ja aber oft wieder arbeiten gehen. Dominique’s Mann hatte beim ersten Kind lediglich eine Woche Ferien, was für sie ein grosser Stressfaktor war. “Viel Hilfe bereits im vorherein organisieren und abklären, wie viel Ferien der Mann nehmen kann. Ebenfalls nachschauen, wo man Haushaltshilfe bekommt und inwiefern die Unterstützung der Familie oder von Freunden angenommen werden kann”, sagt Dominique. Was ganz viele Mamis erwähnt haben, ist die frühe Suche nach einer Hebamme. Als Beispiel auch Ilona S.: “Unbedingt früh genug eine Hebamme suchen und sich auch trauen zu sagen, wenn man nicht zufrieden ist oder das Gefühl hat, dass es nicht passt.”
Es  gibt oftmals in der Schwangerschaft die Möglichkeit eines Vorgesprächs, bei dem du die Hebamme bereits kennenlernen kannst und sie dich. Wenn da die “Chemie” nicht stimmt, kannst du die Hebamme auch wechseln.

In vielen Kulturen ist das Gang und Gebe: Freundinnen, Familie sind da und helfen, wo sie können. Bei uns ist dies anders, man ist meist mehr für sich. Oder aber hat nicht die Möglichkeit die Hilfe von der Familie anzunehmen, weil diese vielleicht nicht in der Nähe wohnt.

Dann ist es wichtig, zu wissen, wo man sich Unterstützung holen kann und welche Anlaufstellen es gibt. Um eben z. B. auch die Baby Blues, die nicht selten in postpartalen Depressionen enden, aufzufangen.

Danke an alle Mamas für eure Hilfe!

Mögliche Anlaufstellen:
  • Mütter- und Väterberatung vor Ort
  • familie.redcross.ch
  • familienhilfe.ch
  • eltern-kind-familie.ch